Präoperative pulmonale Risikoabschätzung im Allgemeinen und vor Lungenresektion

T.M. Berghaus, M. Schwaiblmair

| AINS | Chirurgie | Anästhesiologie

Den kompletten Artikel können Sie in unserem Kompendium "Anästhesiologie" nachlesen.“ 

Peri- und postoperative pulmonale Komplikationen tragen erheblich zur Gesamtmorbidität und Letalität bei chirurgischen Eingriffen bei und beeinflussen entscheidend die Dauer des Krankenhausaufent-altes. Besonders häufig treten Lungenkomplikationen bei Patienten über 60 Jahren sowie bei Patienten mit einer begleitenden Lungengrunderkrankung auf; thoraxchirurgische Eingriffe und Operationen über 3 Stunden zeigen das höchste Risiko.
Anatomische Resektionsverfahren sind unverändert etablierter Standard in der kurativen Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms im Stadium I–III und einiger kleinzelliger Lungenkarzinome. Eine Variable, die das Operationsergebnis maßgeblich beeinflusst, ist die Auswahl der Kandidaten für eine Resektion sowie die Bestimmung des Umfangs der Resektion auf dem Boden einer adäquaten Durchführung und Interpretation einer umfassenden mehrdimensionalen Evaluation. Zur Abschätzung des individuellen Risikos sollte neben einer gründlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung bei Patienten über 50 Jahren oder solchen mit einer kardiopulmonalen Erkrankung vor Eingriffen in Brust- und Bauchraumeine präoperative Röntgen-Thorax-Aufnahme durchgeführt werden. Eine Lungenfunktionsprüfung wird bei Patienten vor herz- und thoraxchirurgischen Eingriffen empfohlen. FEV1- Wert und Diffusionskapazität (DLco) haben sich als gute prädiktive Parameter erwiesen. Wichtig erscheint, anstatt Absolutwerten Soll-bezogene Relativwerte zu benutzen, um hierdurch Alter, Größe und Geschlecht des Patienten zu berücksichtigen. Liegen die FEV1- undDLco-Werte > 80 % der Soll-Werte, kann ohne weitere Funktionsdiagnostik eine Lungenresektion bis hin zur Pneumonektomie durchgeführt werden. Liegt ein Wert < 80 % vor, so ist eine weiterführende kardiopulmonale Diagnostik zur Überprüfung der funktionellen Operabilität angezeigt. Hierbei eignet sich die Peak-Sauerstoffaufnahme (VO2peak) hervorragend zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Operabilität eines Patienten vor Lungenresektion. Die vorliegende Datenlage lässt die Schlussfolgerung zu, dass bei Erreichen einer VO2peak > 20 ml/kg/min ein Patient als uneingeschränkt operabel anzusehen, bei einer VO2peak > 15ml/kg/min eine Lobektomie mit vertretbarem Risiko durchzuführen und bei einer VO2peak < 10 ml/kg/min das Letalitätsrisiko jeder Lungenresektion sehr hoch ist.
Bei der Lungenresektion ist die postoperativ zu erwartende Lungenfunktion das entscheidende Kriterium zur Beurteilung der funktionellen Operabilität. Befindet sich die VO2peak zwischen 10 und 20 ml/kg/mi bzw. 35 und 75 % des Soll-Wertes, ist es empfehlenswert, die postoperativ zu erwartende FEV1 bzw. Diffusionskapazität (FEV1-ppo oder DLco-ppo) durch Berücksichtigung des Funktionsverlustes der zu resezierenden Segmente zu berechnen.
Liegen beide Werte > 30, so erscheint eine kalkulierte Resektion möglich. Liegt dagegen ein Wert < 30 %, so sollte zur Klärung der Operabilität zusätzlich die nac der Resektion zu erwartende VO2peak berücksichtigt werden, wobei der Verlust an VO2peak methodisch geringer ausfällt als der Verlust an ventilatorischer Kapazität.
Liegt die VO2peak-ppo > 10 ml/kg/min bzw > 35 % des Sollwertes, erscheint eine Resektion mit kalkulierbaremRisikomöglich. Die hier aufgezeigten Konzepte zur präoperativen Risikoabschätzung sollen ein strukturiertes Vorgehen ermöglichen und die Qualität der Patientenbehandlung verbessern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für einzelne Patienten individuelle Konzepte erstellt werden müssen.

Zitierweise:

Berghaus TM, Schwaiblmair M (2021).  Präoperative pulmonale Risikoabschätzung im Allgemeinen und vor Lungenresektion. In: Eckart J, Jaeger K, Möllhoff T (Hrsg): Anästhesiologie. Kap. 1.4, 74. Erg.Lfg., ecomed Medizin, Landsberg

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