B. Orthen
Den kompletten Artikel können Sie in unserem "Handbuch der Umweltmedizin" nachlesen.
Zusammenfassung
Die Isocyanate sind aufgrund ihrer Elektrophilie reaktiveVerbindungen, diemit nukleophilen Gruppen reagieren. Je nach Zahl der enthaltenen Isocyanatgruppen werden sie inMono- Di-, Tri- und Polyisocyanate unterteilt. Sie werden in großemUmfang für chemische Synthesen eingesetzt. Insbesondere die Herstellung von Polyurethan aus Diisocyanaten ist von großer Bedeutung. Im Hinblick auf die produzierten Mengen und die Exposition des Menschen sind TDI (Methyl-m-phenylendiisocyanat),MDI (Methylendiphenyldiisocyanat) und HDI (Hexamethylendiisocyanat) die wichtigsten Diisocyanate. Vor allem im gewerblichen Bereich kommt es zur Exposition von vielen Arbeitnehmern (geschätzt über 1 Million in der EU). Auch in verbrauchernahen Produkten (z. B. Bauschaum) können Diisocyanate enthalten sein, die erstmit und nach der Verwendung reagieren. Ausgehärtetes Polyurethan ist in verbrauchernahen Produkten, z. B. als Polstermaterial, weit verbreitet. In frisch hergestelltemPolyurethan wurde noch ein Restgehalt an TDI nachgewiesen. Eine signifikante Freisetzung von TDI aus ausgehärtetem Polyurethan in die Luft ist eher fraglich.
Die hohe Reaktivität der Isocyanate erklärt das lokale Wirkpotenzial, das zu Reizungen und Gewebeschäden führt. Insbesondere die Atemwege sind bei inhalativen Belastungen gefährdet. Diisocyanate sind außerdem von besonderer Bedeutung, da sie eine Sensibilisierung der Atemwege und Asthma verursachen. Auslöser der Erkrankung sind vor allemTDI,MDI undHDI.Außerdemkönnen Diisocyanate eine Sensibilisierung der Haut auslösen. TDI und MDI stehen außerdem im Verdacht Krebs auszulösen.Während nach oraler Aufnahme im sauren Magenmilieu aus TDI das als Karzinogen eingestufte TDA (Toluylendiamin) entsteht, findet nach Inhalation ein anderer Metabolismus statt, sodass für TDI und MDI bei Einhaltung der Luftgrenzwerte am Arbeitsplatz kein zusätzliches Krebsrisiko erwartet wird. Produkte, die Diisocyanate enthalten, sollten nachMöglichkeit nicht im häuslichen Bereich von Heimwerkern eingesetzt werden. Falls unvermeidlich, sollte die Verwendung nur unter Beachtung verschiedener Schutzmaßnahmen erfolgen. Der berufliche Umgang unterliegt einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften und Regelungen, die die Exposition begrenzen.Niedrige Grenzwerte für die Luft amArbeitsplatz und biologische Grenzwerte für ein Biomonitoring wurden zur Überwachung der Exposition abgeleitet.Neben den Gefährdungen, die sich aus beabsichtigt hergestellten Diisocyanaten ergeben, ist auch die Entstehung von Isocyansäure und Isocyanaten wie z. B. Methylisocyanat durch Verbrennungsprozesse zu berücksichtigen. So führen Waldbrände, die Verbrennung von Ernterückständen, Abfällen und Treibstoffen zu entsprechenden Emissionen.Neben der Primäremission durch Verbrennungsprozesse wird auch eine sekundäre Emission durch photochemischeReaktionen in der Atmosphäre vermutet.Die Entfernung aus der Atmosphäre findet wahrscheinlich durch Deposition und die Aufnahme in diewässrige Phase mit anschließenderHydrolyse statt. Die Photolyse oder die Reaktion mitHydroxylradikalen sind vergleichsweise langsam.Belastungen der Innenraumluft mit Isocyansäure und z. B. Methylisocyanat entstehen durch die Verbrennung von Tabakprodukten, die Erhitzung von Nahrungsmitteln und Reinigungsarbeiten mit Bleichmitteln. Aufgrund der hohen Reaktivität der Isocyanate und der Entstehung von inertem Polyharnstoff ist die Gefährdung für Boden und Wasser eher gering.
Schlagworte: Isocyanate, Methyl-m-phenylendiisocyanat, Methylendiphenyldiisocyanat, Hexamethylendiisocyanat, Isocyansäure, Asthma, Sensibilisierung
Abstract
Isocyanates are reactive compounds due to their electrophilicity, that react with nucleophilic groups. Depending on the number of isocyanate groups they contain, they are divided into mono-, di-, tri- and polyisocyanates. They are widely used for chemical syntheses. The production of polyurethane from diisocyanates is particularly important. In terms of the quantities produced and human exposure, TDI (methyl mphenylene diisocyanate), MDI (methylene diphenyl diisocyanate) and HDI (hexamethylene diisocyanate) are the most important diisocyanates.Many workers (estimated at over 1 million in the EU) are exposed, particularly in the professional sector. Diisocyanates can also be contained in consumer products (e. g. construction foam), which react during and after use. Cured polyurethane is widely used in consumer products, e. g. as upholsterymaterial.Aresidual content of TDI has been detected in freshlymanufactured polyurethane.
A significant release of TDI from cured polyurethane into the air is rather questionable. The high reactivity of isocyanates explains the potential to evoke local effects, which leads to irritation and tissue damage. The respiratory tract in particular is at risk from inhalation exposure. Diisocyanates are also of special importance as they cause respiratory sensitization and asthma. Themain triggers of the disease are TDI, MDI and HDI. Diisocyanates can also cause skin sensitization. Besides, TDI and MDI are suspected of causing cancer. TDI forms TDA (toluenediamine),which is classified as a carcinogen, after oral intake in the acidic stomach environment. A different metabolism takes place after inhalation, so that no additional cancer risk is expected for TDI andMDI, if the exposure limit values are complied with at the workplace. If possible, products containing diisocyanates should not be used by consumers in the home. If unavoidable, they should only be used in compliance with various protective measures. Occupational handling is subject to a number of legal requirements and regulations that limit exposure. Low limit values for the air in the workplace and biological limit values for biomonitoring have been derived to monitor exposure.
In addition to the hazards arising from intentionally produced diisocyanates, the formation of isocyanic
acid and isocyanates such as methyl isocyanate through combustion processes must also be taken into account. Forest fires, the incineration of crop residues, waste and fuels lead to corresponding emissions. In addition to primary emissions fromcombustion processes, secondary emissions from photochemical reactions in the atmosphere are also suspected.Removal fromthe atmosphere probably takes place through deposition and absorption into the aqueous phasewith subsequent hydrolysis. Photolysis or the reaction with hydroxyl radicals are comparatively slow. Indoor air pollution with isocyanic acid and e. g. methyl isocyanate is caused by the combustion of tobacco products, the heating of foodstuffs and cleaning work with bleaching agents. Due to the high reactivity of isocyanates and the formation of inert polyurea, the risk to soil and water is rather low.
Keywords: Isocyanates, methyl m-phenylene diisocyanate, methylene diphenyl diisocyanate, hexamethylene diisocyanate, isocyanic acid, asthma, sensitization
Zitierweise:
Orthen B (2024). Isocyanate. In: Wichmann HE, Fromme H, Zeeb H (Hrsg.), Handbuch der Umweltmedizin, Kap. VI-4. 79. Erg.-Lfg. ecomed Medizin, Landsberg
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