A. Tschopp, A. Wagner, A. Schmidt, F. Colledge, M. Walter
Abstract aus Suchtmedizin:
Einleitung: Die Sucht nach Bewegung und Sport ist eine Verhaltensstörung, die noch wenig erforscht und bislang nicht als eigenständige psychische Störung anerkannt ist. Deshalb ist die Untersuchung der Bewegungssucht und deren psychischen Komorbiditäten essenziell, um dieses Phänomen besser verstehen und klassifizieren zu können.
Methode: 17 Probanden mit hohem Sportpensum und einem Risiko für Bewegungssucht gemäß der Exercise Dependence Scale (EDS) wurden mit 71 Probanden verglichen, die ein hohes Sportpensum, aber kein Risiko für eine Bewegungssucht gemäß der EDS aufwiesen. Ein hohes Sportpensum wurde definiert als > 10 h Sport pro Woche und ein Risiko für Bewegungssucht als 3 oder mehr Abhängigkeitskriterien mit einem Score von > 15 in der EDS. Alle Probanden beantworteten zusätzlich einen Fragebogen zur Depressivität (Beck Depression Inventory, BDI), zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (Homburger ADHS-Skala für Erwachsene, HASE) und zu Kindheitstraumata (Childhood Trauma Questionnaire, CTQ). Gruppenunterschiede und Zusammenhänge zwischen den Hauptvariablen wurden mittels T-Tests und Pearsons Korrelationen berechnet.
Resultate: Im Vergleich zu Probanden ohne Risiko für Bewegungssucht zeigten Probanden mit einem Risiko für Bewegungssucht in den Fragebögen signifikant erhöhte Werte für Depressivität (p<0,0001). Für ADHS (p=0,104) und Kindheitstraumata (p=0,144) konnten jedoch keine Unterschiede festgestellt werden. Ein Zusammenhang von einem höheren Sportpensum, gemessen an Anzahl Stunden Sport pro Woche, und dem Risiko für Bewegungssucht konnte nicht bestätigt werden.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Risiko für Bewegungssucht und erhöhter Depressivität. Ein hohes Sportpensum an sich hängt dagegen nicht mit einem erhöhten Risiko für Bewegungssucht zusammen. Suchtartige exzessive Bewegung könnte Folge oder Ursache von anderen psychischen Störungen sein, wie dies bereits bei anderen Verhaltenssüchten beschrieben wurde.
English Version:
Background: Exercise or sports addiction has gained increasing attention during the past decades; however, this potential behavioural addiction is not yet recognised as a psychiatric disorder. It is therefore essential to further investigate exercise addiction and its comorbidities, in order to better understand and classify the phenomenon.
Methods: 17 subjects with a high level of exercise (> 10 hours of exercise per week) and a risk of exercise addiction according to the Exercise Dependence Scale (EDS) were compared with 71 subjects reporting a high level of exercise, but no risk of addiction. A risk for exercise addiction was defined as 3 or more dependence criteria with a score > 15 in the EDS. All subjects completed the EDS and questionnaires to assess depression (BDI), ADHD (HASE) and childhood trauma (CTQ). Between-group differences and possible associations were calculated using T-tests and Pearson’s correlations.
Results: Subjects at risk for exercise addiction showed significantly increased values for depression (p <0.0001), but not for ADHD (p = 0.104) or for childhood trauma (p = 0.144). A connection between a high level of exercise and the risk of exercise addiction could not be confirmed.
Conclusions: The results show a connection between the risk of exercise addiction and increased psychopathology in the questionnaires examined. On the other hand, a high level of exercise is not related to increased psychopathological values. An addictive relationship with exercise could be the result or cause of other mental disorders, as has been described in other behavioural addictions.
Zitierweise:
Tschopp A, Wagner A, Schmidt A, Colledge F, Walter M (2020). Über Nutzen und Machbarkeit von Bewegungsinterventionsstudien bei Patienten, die an einer Opioidabhängigkeit oder einer Abhängigkeit von illegalen Substanzen leiden. Suchtmedizin 22(3): 105-111
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