Flora Colledge, Marc Walter
Abstract aus Suchtmedizin:
Einleitung: Bewegungssucht, wie auch andere Verhaltenssüchte, gewinnt aktuell an Bedeutung in der wissenschaftlichen Literatur. Aufgrund mangelnder aussagekräftiger Studien ist das Phänomen jedoch noch nicht als psychische Störung definiert; neue Erkenntnisse werden aber schrittweise generiert. Der vorliegende Übersichtsartikel fasst die Forschung im Bereich der Bewegungssucht aus den letzten zwei Jahren zusammen und zeigt Vorschläge für neue Forschungsthemen auf.
Methoden: Eine Literatursuche in den englisch- und deutschsprachigen Datenbanken MEDLINE, Web of Science und PsycInfo zeigte, dass seit Anfang 2018 knapp 50 Studien zum Thema Bewegungssucht veröffentlicht wurden. Die Ergebnisse der relevanten Artikel werden zusammengefasst. Auf die Darstellung von Studien, die psychometrische Eigenschaften von Messinstrumenten untersuchen oder die auf eine andere psychische Störung fokussieren, wird hier verzichtet.
Ergebnisse: Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass erstens die Bewegungssucht von Essstörungen zu trennen ist, dass zweitens die sportbezogene Inhibitionsleistung bei betroffenen Personen schlechter ist, und dass drittens externer Druck zum Sporttreiben eine Bewegungssucht begünstigen kann.
Schlussfolgerung: Während Forschung im Bereich Bewegungssucht bereits wichtige Themen beinhaltet, bleibt noch unklar, inwiefern sie von anderen verwandten psychopathologischen Phänomenen differenziert werden kann. Weiterhin fehlen noch Kenntnisse zu den neuronalen Substraten von Belohnung und Bewegungssucht. Antworten auf diese ausstehenden Fragen könnten zu einer eindeutigen Kategorisierung von Bewegungssucht beitragen.
English Version:
Introduction: Exercise addiction, as with other forms of behavioural addiction, is currently gaining increasing attention in the scientific literature. The phenomenon is not currently defined as a psychiatric disorder, due to a lack of high-quality research; new knowledge about this issue is, however, gradually being generated. This article summarises research in the field of exercise addiction from the previous two years, and offers suggestions for new study directions.
Methods: An English- and German-language search of the MEDLINE, Web of Science and PsycInfo databases yielded just under 50 studies on the topic of exercise addiction in the past two years. The findings of the most relevant articles are summarized. Studies on psychometric properties of measurement instruments, or which focus on other disorders, are not discussed here.
Results: The new studies suggest that exercise addiction can be separated from eating disorders, that sport-related inhibitory control is poorer in affected populations, and that external pressure to exercise may predict exercise addiction.
Conclusion: While research into exercise addiction covers multiple important issues, information about how the problem can be distinguished from other, similar phenomena is still lacking. In addition, little is known about the neural substrates of exercise reward or addiction. Clarifying these outstanding questions is an important step towards enabling a clear categorization of exercise addiction.
Zitierweise:
Colledge F, Walter M (2020). Bewegungssucht – aktuelle Studien und neue Forschungsrichtungen. Suchtmedizin 22(3): 99-104
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