Diabetes mellitus - Pflege, Gesundheitsförderung und Organisation

MDK Bayern, TH Deggendorf

Kennzeichen dieser chronischen Stoffwechselerkrankung sind erhöhte Blutzuckerspiegel.
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Zivilisationskrankheit. Die Ursachen liegen
vorrangig in Überernährung und Bewegungsmangel. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit
steigt mit zunehmendem Lebensalter.

Blutzuckerwerte
und ihre Bedeutung
(Kapillarblut)
  Nüchtern
mg/dl
(mmol/l)
2 Stunden
nach dem
Essen
mg/dl
(mmol/l)
  Diabetes mellitus > 126
(> 7,0)
≥ 200
(≥ 11,1)
  Gestörte Glukosetoleranz 110–126
(6,1–7,0)
140–200
(7,8–11,1)
  Normalwerte < 110
(< 6,1)
< 140
(< 7,8)
  Hypoglykämie < 50
(< 2,8)
Akute
Komplikationen
Hypoglykämischer Schock
  • Bewusstseinsverlust, vorausgehend evtl. Unruhe, Verwirrtheit
  • Niedrige Blutzuckerwerte
Diabetisches Koma
  • Bewusstseinsverlust,vorausgehend Schläfrigkeit, Durst, große Urinmengen
  • hohe Blutzuckermesswerte

Folgekrankheiten („Spätschäden“)

Diabetische Retinopathie (Schädigung der Netzhaut)

  • Gefahr der Erblindung
  • Im Frühstadium durch regelmäßige Untersuchung (Spiegeln des Augenhintergrundes, Funduskopie) erkennbar

Diabetische Nephropathie (Schädigung der Nieren)

  • Gefahr dauernder Dialysepflicht
  • Im Frühstadium durch Laborkontrollen erkennbar

Diabetische Makro- und Mikroangiopathie (Schädigung großer und kleiner Blutgefäße)

  • Im Frühstadium durch Laboruntersuchung und Blutgefäßdiagnostik erkennbar
  • Im fortgeschrittenen Stadium Beinschmerzen beim Gehen (periphere arterielle Verschlusskrankheit), Herzinfarkt, Schlaganfall

Diabetische Neuropathie (Schädigung des Nervensystems)

  • Im Frühstadium erkennbar (z.B. „Stimmgabeltest“)
  • Im fortgeschrittenen Stadium Verlust der Gefühlswahrnehmung an den Fußsohlen, Missempfindungen („Burning Feet“), Gangstörung, Harnentleerungsstörung

Abwehrschwäche des Immunsystems

  • Gehäuft banale Infekte (Nagelmykose!), auch bedrohliche Infektionserkrankungen (Lungen-, Nierenbeckenentzündung)

Wundheilungsstörung
Verlangsamte Wundheilung und Neigung zu Wundinfektion nach Operation

Das diabetische Fußsyndrom ist eine Folge von Makro-, Mikroangiopathie und Neuropathie. Schlecht heilende Wunden und Ulzerationen entstehen oft aus Hornhautschwielen und kleinen Verletzungen

Medikamentöse Behandlung
Blutzuckereinstellung mittels oraler Medikation und/oder Insulin

Allgemeine Maßnahmen
Einnahme der Medikamente

  • Sicherstellung der korrekten Einnahme der Dauer- und Bedarfsmedikamente streng nach ärztlicher Verordnung
  • Ausreichender Medikamentenvorrat bis zum nächsten Arztkontakt
  • Sicherstellung sachgerechter Blutzuckermessung und ggf. Insulininjektion
  • Gewährleistung situativer Anpassung der Insulindosis im Fall des Über-/Unterschreitens kritischer Blutzuckerwerte (nach Festlegung durch Arzt)
  • Erkennen von Anzeichen einer drohenden Blutzuckerentgleisung (Diabetisches Koma, Hypoglykämischer Schock) und Ergreifen von Maßnahmen zu deren Abwendung

Begleitende und rehabilitative Maßnahmen

  • Diabetikergeeignete Normalkost und Sicherstellung ausreichender Trinkmenge
  • Regelmäßige körperliche Aktivität (Umfang nach Absprache mit Arzt)
  • Hilfsmittel (z.B. Blutzucker-/Blutdruckmessgerät, Diabetesschutzschuhe)
  • Blutdruckselbstmessung bei begleitendem Bluthochdruckleiden
  • Sachgerechte Pflege der Füße (ggf. medizinische Fußpflege)
  • Schulung von Grundwissen zu Diabetes, Risikofaktoren, diabetesgerechter Ernährung, Blutzuckermessung und Insulinbehandlung, Wirkung von Alkohol, Auswirkung körperlicher Aktivität, Wahrnehmung und Vermeidung drohender Hypoglykämie, Pflege der Füße
  • Einbindung in strukturiertes medizinisches Versorgungskonzept (z.B. Disease-Management-Programm, DMP)

Häusliche Versorgung

  • Sicherung der Grundversorgung mit geeigneten Nahrungsmitteln und Getränken

Hinweis!

  • Diabetische Spätschäden sind Folge langfristig erhöhter Blutzuckerwerte.
  • Im hohen Alter und bei multimorbiden Patienten kann die Vermeidung bedrohlicher Über-/Unterzuckerungszustände Vorrang vor dem Ziel „normaler“ Blutzuckerwerte haben (Ärztliche Entscheidung!).
  • Für eine langfristige erfolgreiche Therapie sind auch nichtmedikamentöse Maßnahmen unverzichtbar.
  • Auch nichtmedikamentöse Maßnahmen bedürfen der Absprache mit dem behandelnden Arzt.
  • Patient und Pflegeperson müssen die Notwendigkeit der Therapie verstehen und diese zuverlässig umsetzen können.

Zu klärende Fragen

  • Beherrscht der Patient oder sein Angehöriger zuverlässig die ihm seitens des behandelnden Arztes übertragenen Aufgaben? – Einnahme der Medikamente nach Plan, Messung und Dokumentation der Blutzuckerwerte, Umgang mit Insulin-Pen, Injektionstechnik, Anpassung der Insulindosis an Blutzuckerwerte nach ärztlich vorgegebenem Schema
  • Sind elementare Zusammenhänge zwischen Ernährung, körperlicher Aktivität und Höhe der Blutzuckerwerte bekannt?
  • Sind Pflegebedürftiger und Angehörige über Anzeichen einer drohenden Hypoglykämie und Maßnahmen zur rechtzeitigen Abwendung derselben informiert?
  • Ist der Patient in ein strukturiertes Versorgungskonzept eingebunden (DMP)?
  • Ist eine ausreichende Pflege der Füße sichergestellt?
  • Besteht bei Bedarf Zugang zu speziellen Behandlungsangeboten (Diabetologische Fußambulanz)
  • Sind Hilfsmittel zur Verbesserung der Mobilität in oder außerhalb der Wohnung erforderlich?
  • Benötigt der Pflegebedürftige Diabetesschutzschuhe aufgrund Neuropathie/Durchblutungsstörungen? Ist der Patient in ausreichendem und ärztlich empfohlenem Umfang körperlich aktiv?
  • Ist die Versorgung mit diabetesgeeigneten Nahrungsmitteln und Getränken sichergestellt?

Zitierweise

MDK Bayern, TH Deggendorf: Checklisten für die Pflegeberatung, Darauf kommt es in der Beratungspraxis an! Pflege, Gesundheitsförderung, Organisation und Rechtsfragen, ecomed Medizin, Landsberg

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