W. Haber
Abstract aus dem Handbuch der Umweltmedizin:
Landwirtschaft, zur Ernährung unentbehrlich, ist ohne beständige Eingriffe in die Umwelt nicht möglich. Diese haben sich, auch als Folge öffentlicher Stützungen der Landwirtschaft, die in der Industriegesellschaft unter ökonomischen und sozialen Benachteiligungen leidet, zu allgemeiner Umweltbelastung gesteigert. Sie wird im Acker- und Pflanzenbau, der 33 % der Fläche Deutschlands einnimmt, vor allem durch Emissionen überschüssiger Nährstoffe in Böden, Grundwasser und Gewässer verursacht, ausgelöst durch zu reichliche Anwendung von Stickstoff- und Phosphatdüngern. In der ersten Hälfte der 2010er Jahre (auf die sich auch die nachfolgenden Zahlen beziehen) wurden pro Jahr immer noch rd. 1,3 Mio t Stickstoff- und rd. 95 000 t Phosphatdünger zu viel auf die Äcker ausgebracht.
Durch Pflanzenbau bedingte Emissionen in die Luft in Form von Kohlendioxid (15–20 Mio t/a) und Distickstoffoxid (ca. 85 000 t/a) verstärken den Treibhauseffekt und damit den Klimawandel. Weitere ökologisch und gesundheitlich schädliche Emissionen in Grundwasser und Gewässer gehen trotz relativ kleiner Anwendungsmengen (immerhin 50–60 000 t/a) auf chemische Pflanzenschutzmittel (Pestizide) zurück, von denen 276 Wirkstoffe zugelassen sind. Die Viehhaltung, die in Deutschland ca. 200 Millionen Nutztiere umfasst, verursacht durch unzureichend behandelte Exkremente, aus denen durchschnittlich 400 000 t/a Ammoniak-Emissionen hervorgehen, und bei Wiederkäuern durch den Ausstoß des Treibhausgases Methan (1,2 Millionen t/a = 25 % aller Methanemissionen) weitere erhebliche Belastungen. Die der Landwirtschaft zuzuschreibenden Immissionen zeigen sich insbesondere in unerwünschter, z. T. schädlicher Eutrophierung der Gewässer, während die Pestizideinträge ins Grundwasser stark zurückgegangen sind. Es gibt viele realistische Möglichkeiten der Emissionsminderung in der Landwirtschaft, die wegen gesteigerten Arbeitsaufwands sowie Befürchtung von Ertragsausfällen – bei global steigender Nachfrage nach allen Landwirtschaftsprodukten – z. T. nur zögerlich angegangen werden. Zur Verwirklichung einer umweltschonenden Landwirtschaft trägt die Signalwirkung des „ökologischen Landbaus“ bei, der bewusst auf die Verwendung der meisten mineralischen Dünger und von chemischen Pflanzenschutzmitteln verzichtet. Doch eine von allen Umweltbelastungen freie Landwirtschaft ist und bleibt eine Utopie.
Zitierweise:
Haber W (2016). Landwirtschaft als Belastungsquelle. In: Wichmann HE, Fromme H (Hrsg): Handbuch der Umweltmedizin, Kap. VIII-2.4.1, 57. Erg.Lfg., ecomed Medizin, Landsberg
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